Buchtip: THE DISAPPEARANCE OF DARKNESS

  • Wenn meine Kinder im Bett sind, die Küche aufgeräumt ist, das Spielzeug verstaut ist . . .
    . . . hab ich ein wenig Zeit, vorzugsweise tief in der Nacht, nach Büchern zu suchen.

    Das Buch, das ich heute Euch vorstellen möchte:

    The Disappearance of Darkness – Photography at the end of the analog era

    Der Titel machte mich neugierig. Das Buch bestellte ich mir.
    Ein Thema, das sich merkwürdigerweise in wenigen Bücher niedergeschlagen hat: Das analoges Sterben.
    Oft beschworen, wir alle leben das Thema weiter, berichtet dieses Buch über traurige Tatsachen.

    Inhaltlich geht es um die Abwicklung der Firmen, Kodak, Pathé Frankreich - Agfa Gevaert, Belgien -
    Eastman Kodak, Rochester – Polaroid, Waltham U.S.A. - Polaroid / Impossible Projekt,
    Enschede – Ilford, Mobberley England – Kodak, Toronto Canada. Die Hotspots der Filmproduktion.
    Hier sind leere Fabrikhallen, Sprengungen von Betriebsgebäuden und geräumten Büros zu sehen.
    Große, plattgemachte Industriebrachen.

    Viele der „ leeren “ Bilder strahlen eine gewisse Endzeit aus, machen (mich) traurig und sind dennoch sehenswert.
    Man bekommt einen kleinen Einblick in die Filmproduktion, nimmt einen Eindruck von den, teils
    riesigen, Dimensionen der einzelnen Produktionsstandorte mit.

    Die Photos entstanden glücklicherweise mit einer 4x5 Kameras.
    Gedruckt 2013 in China. Druck und Papier des Buches sind von guter Qualität.
    Wer sich für das Buch interessiert und ein wenig im Internet sucht, wird schnell fündig werden.
    Nicht nur wegen des moderaten Preises, eine lohnende Investition.

    Schon drei mal mußte ich in meinem Berufsleben ein E-6 Labor abbauen.
    Es ist ein beklemmendes Gefühl in einen fremden Produktionsraum zu kommen um diesen abzubauen.
    Oftmals wird eine Maschine „nur“ ausgeweidet, sind es die Umwälzpumpen, die Termofühler oder ein
    Relais das nicht auf Lager ist . . . ein paar Rahmen um mehr Filme entwickeln zu können.
    Auf den ersten Blick erkennt man, wie sauber jemand (bis zum letzten Tag!) arbeitete , wie gepflegt
    die Maschine war, wie sich jemand seinen Arbeitsablauf organisiert hatte,
    die Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Hingabe bei der täglichen Arbeit erkennt man sofort.
    Für mich waren diese (Abbauarbeiten) immer mit einem großen Widerwillen geschehen.
    Ich schämte mich ein wenig, in die organisierte Arbeitswelt eines fremden Menschen einzudringen
    um seine Arbeit, oder sein Werk, (durch Demontage) zu beenden.

    Ähnliche Empfindungen kamen mir beim Betrachten der Bilder dieses Buches.
    Obwohl ich nie ein Gebäude sprengen brauchte . . . :(

    Postskriptum:
    Ein trauriger Tag war für München (und Photographen) der Sonntag, 17.2.2008, denn
    an diesem Tag wurde das Agfa-Hochhaus in München Giesing gesprengt. Für Münchner Verhältnisse
    ist der Begriff Hochhaus relativ, waren es doch lediglich 52m Höhe die zu Boden stürzten. Immerhin.
    Hier wurden bis in den 70ger mit teilweise über 4.000 Angestellten Kameras gebaut.

    Die zwei schönsten Geräusche der Welt sind: Ein Verschluss der sich öffnet und wieder schließt.

  • Als 20. Jähriger, der erst jetzt mit LF angefangen hat, ist das sehr traurig zu sehen. Kodak und Ilford nehmen ja wieder Fahrt auf, aber Fujicolor wird beunruhigend schnell aufgelöst. Lässt sich nur hoffen, dass der Filmmarkt ähnlich stabil bleibt wie der Systemkameramarkt.

  • Ich mutmaße mal,
    das sich die Großbildphotographie ähnlich wie der Schallplattenmarkt
    entwickeln wird. Es gibt Aufnahmen, die lassen sich einfach nur mit
    einer Großformatkamera realisieren.

    Ob die nachfolgenden Generation von "bildmäßigen Entscheidern" das
    genauso sieht, ist allerdings eine ganz andere Frage . . .

    Die zwei schönsten Geräusche der Welt sind: Ein Verschluss der sich öffnet und wieder schließt.

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