Rollstuhlfahrer sucht die richtige Kamera

  • Aber gerade die muss man aufbauen

    Das sehe ich als grundsätzliches Problem. Der Aufbau jeder (Laufboden)kamera dürfte für sleimy denkbar ungeeignet sein. Deshalb ja auch Ritchies Idee einer starren Bauform. Mir ging es hier allerdings nur um die Frage der Fokussierung. Ansonsten dürfte der erwähnte Assistent sicher einiges tun dürfen. Ich kann die Situation von fern nur sehr begrenzt einschätzen; ich vermute aber, dass die GF-Kamera nicht ständig am Rollstuhl montiert sein sollte ... korrigiert mich bitte, wenn ich Unfug schreiben sollte.

    Al é bun sciöch' al é ...

  • ich versuche mal etwas über mich zu erzählen.

    Wie gesagt, ich sitze im Rollstuhl und habe Muskelschwund. In meinen Händen habe ich sehr wenig Kraft, dass heißt, das ich nicht greifen kann und auch meine Arme nicht heben kann. Etwas drücken würde gehen. Zum Rollstuhl sei gesagt, dass ist ein elektrischer Rollstuhl und vorne ist ein Tisch montiert. An den Tisch klemme ich mit Novoflex Zeug meine Kameras dran. Ich versuche demnächst ein Foto vom Rollstuhl zu machen.

  • Danke! Es ist eben so, wie es mir gedacht hatte. Kamerabedienung geht nur motorisiert, Aufbau (oder Objektivwechsel etc) nur mit menschlicher Unterstützung. Damit wäre die Chamonix noch so ein bisschen im Rennen ... du wirst gewiss deine Assistenten mit Teilen der Kamerabedienung vertraut machen müssen. Wie weit die Arbeitsteilung gehen soll, bzw was du gerne selbst tun möchtest, ist dann die nächste Grundsatzentscheidung.

    Wie der Rollstuhl in etwa aussieht, kann ich leicht vorstellen. Ich habe an der Uni gearbeitet, und da sind Rollstuhlfahrer in allen Ausprägungen relativ häufig (jedenfalls häufiger als auf der Straße). Barrierefreiheit war und ist an meiner früheren Uni ein nach wie vor heißes Thema.

    Du wirst wohl mal in dich gehen müssen; deine Planung muss ja davon abhängen, was du dir von GF konkret (außer der schieren Größe) versprichst.

    Optimistische Grüße, hp

    Al é bun sciöch' al é ...

  • Bei der Chamonix hat aber nur die F1/2 die Scharfstellung über Gewindestange. Aber gerade die muss man aufbauen, indem man die Frontstandarte einschraubt.....

    Genau die hatte ich im Sinn. Die ist natürlich auch gebäudetauglich. Aber eben nicht so einfach komplett motorisierbar. Das ist im Grunde so bei allen Laufbodenkameras, wg Kompaktheit und kombinierter Verstellmechanismen. Und das Thema "Aufbauen" ist angesichts deiner Einschränkungen ohnehin obsolet. Das muss nun mal der Assistent machen ... gilt für alle Kameratypen.

    Al é bun sciöch' al é ...

  • So. Ich habe nochmal meine Erinnerung und das Netz durchforstet. Die einzige Kamera (auf optischer Bank, leider), bei der sämtliche Verstellungen über Feintriebe gemacht werden und deshalb prinzipiell motorisierbar sind, ist die Cambo Ultima, vorausgesetzt, ich habe nichts übersehen. Die ist ein ziemlicher Brocken. Die Alternativen Horseman LX und Linhof Kardan GTL haben ähnlich wie Toyo nur teilweise Feintriebe. Das schränkt die Auswahl stark ein, wenn du gerne alles selbst kontrollieren möchtest (wovon ich jetzt ausgehe). Für die Cambo gibt es netterweise auch einen Sinar-Adapter, sodass meine Idee, den Hinterlinsenverschluss anzupassen, nicht unrealistisch ist.

    Die andere, inzwischen eher als extrem unrealistisch anzusehende Idee ist die fast komplette Neukonstruktion mit Hexapod entsprechend der Capcam von GFAE. Die dürfte allerdings patentrechtlich derbe gesichert sein (also Nachbau nicht zulässig), und sie ist noch um einiges klobiger als die Cambo. Definitiv nicht sehr rollstuhltauglich. Außerdem sehe ich den Nachteil der zu geringen translatorischen Freiheitsgrade, was die Brennweitenwahl stark einschränkt.

    Geht in Richtung Alles oder Nichts! Ritchies starre GF-Schnappschusskamera mit motorisierter Fokussierung oder Komplettmotorisierung einer Ultima (sollte es noch weitere entsprechend geeignete Kameras geben, lasse ich mich gerne eines Besseren belehren).

    Nach wie vor optimistische Grüße, hp

    Al é bun sciöch' al é ...

  • Sinar P2 wäre noch so ein Kandidat - aber halt auch schon sehr massiv.

    An die Hexapod Kamera hatte ich auch schon gedacht - wusste nur nicht mehr, wie das Ding heißt ;)
    So lange es nur für den Privatgebrauch ist, darf man das auch nachbauen...

    Wo ich aber auch noch ein Problem sehe, ist die Ausrichtung der Kamera an sich. Man schaut ja selbst mit montierter Fresnellinse idealerweise mittig und aus kurzer Distanz auf die Mattscheibe - d.h. die Kamera muss auf Augenhöhe und nahe am Kopf positioniert werden und sollte sich auch nur begrenzt um die eigene Achse drehen.

  • Sinar P2 wäre noch so ein Kandidat

    Die hatte ich zwar im Sinn, ich war mir aber nicht sicher, ob die durchgehend mit Feintrieben versehen ist. Schande über mein Haupt! Ansonsten ist die natürlich ein Superkandidat, jedenfalls auf dem second-hand-Markt entschieden häufiger zu finden als die Cambo (und Sinar HiLi-kompatibel ist sie nun ganz bestimmt). Im Prinzip müsste es genügen, die Einstellrändelknöpfe durch kleine Getriebe(schritt)motoren zu ersetzen. Klar, Bastelei und Gemurxe. Steuerung mit Arduino, Bedienung der separierten Freiheitsgrade über Touchscreen. Ist Programmierarbeit, sollte aber gehen. Insgesamt vermutlich weniger aufwendig als ein modifizierter (legaler) Nachbau der Capcam.

    Was das zweite Problem betrifft: Das sehe ich nicht so kritisch. Die Rollstuhlkonstruktion ist ja recht robust und mit einer Art Tisch versehen, auf/an dem man offensichtlich vielerlei Dinge gut befestigen kann. Das dürfte stabil genug sein.

    Al é bun sciöch' al é ...

  • Die Sinar P ist eine recht schwere Kamera. Es gibt wesentlich leichtere, auch im Großformat.

    Aber es wäre vielleicht sinnvoll, wenn Du uns mal etwas genauer Deine fotografischen Vorstellungen darlegen würdest. Warum soll es überhaupt Großformat sein? Was ist die hauptsächliche Motivation? Eine klassische Großformatkamera, wie man sie sich im Allgemeinen vorstellt, ist ein _sehr_ manuelles Gerät, das ausgesprochen viel Handarbeit einfordert. Es gibt die verschiedensten denkbaren Gründe, warum man sich "das antut". Aber der Begriff "Großformat" wird letztendlich einzig und allein durch die Größe des Aufnahmeformates definiert. Im Allgemeinen zählt alles, was mindestens ein Aufnahmeformat von 9x12 cm hat, zum Großformat. Und zwar völlig unabhängig davon, was die Kamera nun genau tut. Im einfachsten Falle kann das auch eine Box mit einem Loch sein -- also eine Lochkamera. Und das ist durchaus nicht abwegig, man kann sehr schöne Lochkamera-Fotografie mit Großformat machen, und das wäre sicher auch für Dich ohne große Probleme machbar. Aber auch eine Kamera mit digitalem Scanrückteil zählt zum Großformat, wenn das Aufnahmeformat die entsprechende Größe hat.

    Andererseits, wenn es Dir eher um die gestalterischen Möglichkeiten durch Tilt/Shift geht, und Dir ein T/S-Objektiv für Kleinbild noch zu einschränkend ist -- es gibt auch wunderbare Mittelformat-Kameras mit großartigen Verstellmöglichkeiten.

    Wenn es Dir z.B. vor allem um Portraitfotografie geht, brauchst Du eigentlich keine Verstellungen, aber das genaue Fokussieren ist hier besonders wichtig.

    Dann die Frage, was kann/will denn Dein Assistent alles für Dich tun? Möchtest Du auch ohne Assistenten mit dem Rollstuhl herumfahren und selbstständig fotografieren können? Oder ist sowieso immer jemand mit dabei, der die ganzen notwendigen Handgriffe auch ausführen kann?

    Bevor man hier also anfängt zu investieren oder gar eine neue Kamera zu konstruieren, wäre es sicher sinnvoll, wenn man die Rahmenbedingungen und den gewünschten Workflow im Vorfeld genau absteckt.

    Viele Grüße
    Wilfried

  • Wo ich aber auch noch ein Problem sehe, ist die Ausrichtung der Kamera an sich.


    Also wenn ich mit nem Rollstuhl um die Ecke komme, richte ich den gleich aufs Target aus.
    Der Rest ist die übliche Feinarbeit.

    Diese hier ausführbar zu machen, scheint mir eine nette Herausforderung, aber kein Problem.
    Über die Ansteuerung müsste man reden.


    . Im Prinzip müsste es genügen, die Einstellrändelknöpfe durch kleine Getriebe(schritt)motoren zu ersetzen.


    Und hier fangen die potentiellen Probleme mit Kauflösungen a la Sinar und Co womöglich an.
    So ein Motörchen will zunächst mal eine Befestigungsplattform, eine Torsionsstrebe, oder ähnliche Verankerungen.
    Da fehlts bei Fertigteilen, die für sowas nicht ausgelegt wurden, schnell mal an benötigtem Fleisch für Bohrungen, Gewinde, oder schlicht an Dimension.

    Planen, dann baulich umsetzen, das geht m.E. besser.
    Ich mach mir da aber keine weiteren Gedanken (trotzdem spukt mir grad das gute alte Kardangelenk durch die Hirnwindung, dumdidum..), weil die derzeit überwiegend ins Nichts führen werden.
    Ob hier überhaupt Motorik gefragt ist, hat mir auch noch keiner gesagt.

    Vor der Planung sollte erst mal ein (Sleimys) Konzept stehen - was will ich, was muß, was kann ich.
    Eine Shen Hao ( früherer Wunsch) oder Vergleichbares haben zu wollen, heisst nicht, die auch bedienen zu können.

    Andererseits kann man natürlich von einer Holzkamera was abreißen und anderweitig verbauen; von serienmäßigen Feintrieben würde ich mich zunächst mal nicht leiten lassen, sowas kann man auch selbst realisieren.

    ...

  • @wwelti Ehrlich gesagt möchte ich gerne einiges bei der Fotografie ausprobieren. GF ist so die Königsklasse. Es fasziniert mich, dass man alles selbst einstellen muss und dadurch sich mehr Zeit für ein Bild nimmt. Schon klar das sollte man bei jeder Kamera. Keine Ahnung, ich möchte es einfach machen. Bin ein komischer Mensch.

  • So ein Motörchen will zunächst mal eine Befestigungsplattform, eine Torsionsstrebe, oder ähnliche Verankerungen.

    Wie wahr! Die Sinarteile machen allerdings auf mich einen halbwegs stabilen Eindruck. Wenn die Gelenkblöcke der P aus Druckguss sind (was ich hoffe), sollte man da eine kleine Bohrung für eine Drehmomentstütze einbringen können. Vom Platz her müsste es reichen. Befestigungsplatten kann man aufkleben. Ich stelle mir auch keine Riesenmotoren vor, sondern eben die relativ kleinen Schrittmotoren mit einem nachgeschalteten Planetengetriebe. Die dürften genug Drehmoment für die Betätigung liefern. Sollte man vorher natürlich mal messen ...

    Motorik/Servo muss sein. Sleimy hat nach eigener Aussage viel zu wenig Kraft in Händen/Fingern. Wenn er (ups - das Geschlecht ist nicht kommuniziert!?), wie gezeigt, schon für die Canon einen Fokussiermotor braucht, müssen wir über Verstellungen von GF-Kameras nicht diskutieren.

    Vor der Planung sollte erst mal ein (Sleimys) Konzept stehen - was will ich, was muß, was kann ich.

    Das ist das Killerkriterium, über das ich mir auch schon Gedanken gemacht habe. So gesehen bin ich mit meinen mechanischen Spinnereien schon mindestens einen Schritt zu weit voraus. Und was das Selbstrealisieren von Feintrieben angeht - klar, ist machbar, Gewindespindeln etc kann man bekommen und auch verbauen. Das war ein Interimsgedanke, den ich hatte, Standarten in 3d-Druck oder aus Standardaluprofilen, da drin Spindeln o.ä. Aber ich bin ein Verehrer von Anpassungskonstruktionen. Wenn etwas schon da ist und funktioniert, sollte man es auch nutzen, vorausgesetzt, die Anpassung ist überhaupt möglich, siehe oben. Der Aufwand ist jedenfalls überschaubarer.

    Ich werde mich zurückhalten. In der Modelltheorie gibt es einen wunderbaren Spruch: "Never fall in love with your model!"

    Grüße, hp

    ps: So ein Servoumbau würde mich ungemein reizen. Ich habe aber noch so viele andere liebgewordene Projekte, dass ich dafür keine Zeit mehr finde. Außerdem habe ich keine vernünftige Werkstatt.

    Al é bun sciöch' al é ...

  • Am liebsten möchte ich so viel wie möglich allein machen. Mein Kollege sollte die Kamera aufbauen und die Sachen machen, die ich körperlich nicht schaffe. Also die Filmkassette rein schieben und raus nehmen.

    Ich bin ein Kerl.

  • Ich kann ja doch meine Klappe nicht halten, alles leere Versprechungen. ;)

    Unabhängig von allen technischen Möglichkeiten würde ich (!!!, wirklich ich) als Erstes eine Experimentierphase mit Wanderlust oder Ähnlichem vorschlagen. In der Bucht wird gelegentlich auch so ein seltsames 3d-gedrucktes Kameragehäuse angeboten, mit Fokussierschnecke, für 9x12/4x5. Das wäre ein guter Einstieg für die Landschafterei. Porträt weniger, weil diese Dinger wohl eher auf Weitwinkel ausgelegt sind. Der finanzielle Aufwand ist überschaubar, der mechanische auch. Wenn es dann so viel Spaß macht (was zu befürchten ist; GF kann auch süchtig machen), kann man über Erweiterungen nachdenken.

    Ich bin ein Kerl.

    Sorry, ich wollte gar nicht so neugierig sein, no offense intended. Das war mehr aus grammatischen Gründen, wenn man ein Personalpronomen benutzt.

    Allerbeste Abendgrüße, hp

    Al é bun sciöch' al é ...

  • Im Prinzip muß ich hier hp recht geben. Sleimy79, Du sagst daß Du es einfach probieren möchtest. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Dann tu das einfach. Dein Kollege wird dann natürlich erstmal viel helfen müssen, aber nur so wird Dir dann wirklich klar werden, welche Schritte Du vielleicht doch selbst hinbekommst und was automatisiert werden müsste.

    Eine einfache, preisgünstige und leichte Kamera wie eine Intrepid wäre vielleicht das Richtige um überhaupt erstmal zu sehen, was Sache ist. Alternativ wäre vielleicht auch eine Sinar F interessant, da diese deutlich leichter ist als die Sinar P, und das Sinar-System genial modular ist -- das kommt Basteleien sehr entgegen. Die Verfügbarkeit der Sinar-Teile auf dem deutschen Gebrauchtmarkt ist ausgezeichnet.

    Viele Grüße
    Wilfried

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