Hallo Ihr Lieben,
nachdem ich seit meiner Vorstellung vor einem ¾ Jahr bislang noch nix weiter von mir gegeben habe (was anderweitige Gründe hatte), war meine Beschäftigung mit der Kamera aber für meine Verhältnisse recht intensiv.
In der Zwischenzeit hatte ich 3 neuere, passende Doppelkassetten besorgt sowie ein schönes, aber auch schweres 30 cm Industar Objektiv für Portraits, für das ich eine Frontplatte fertigen musste. Fester Stand ist auch so ein Thema - aber in Kürze bekomme ich ein stabiles Stativ.
Von der ersten Planfilmschachtel HP5+ sind nur noch eine Handvoll übrig, mit dem Rest hatte ich erstmal die Liste aller möglichen und unmöglichen Fehler abgearbeitet, die solch eine alte Kamera bergen bzw. einem unterlaufen können.
Manches davon behalte ich lieber für mich … aber nach Abdichten des Balgens und besserer dunkel-Technik zum Ausschluss von Fremdlicht wurden in etwa 4 Bilder so, dass ich von (fototechnisch) gelungen sprechen würde. Eins davon ließ ich hier etwas größer auf Baryt abziehen, den Rest habe ich vorerst nur gescannt.
Schöne Abzüge und evtl. Tonung … was mir vorschwebt … ist dann noch eine andere, noch nicht eröffnete Baustelle.
Aber ich wollte ja mehr über die Reparatur berichten.
Nach dem Öffnen des Verschlusses, mit dem ich mich dann etwa 4 Tage auf dem sommerlichen Balkon befasste (ich nenne es im Titel nur Reparaturversuch) funktionierte die Z-Stellung - also der offen bleibende Verschluss nach dem Zusammenbau und in aufrechter Position schon nicht mehr zuverlässig … sowie ich mich auch an die Federspannung der schlappen Vorhänge nicht heran traute. Das war nach Aussage eines Bekannten, der diese Kameras gut kennt auch eine weise Entscheidung.
Zum richten der Z-Stellung müsste ich dort nochmal ran; das habe ich aber bisher vermieden und mit der Kamera (und ihren zu langen Zeiten) erstmal so fotografiert wie sie war.
Man kann sich ja in etwa darauf einstellen, wenn man weiß was DIE tut.
Für das Scharfstellen und Einrichten habe ich einen Trick entdeckt, der die Z-Stellung dennoch ermöglicht: Beim Aufziehen halte ich das Rad in der Endposition fest und ziehe mit einer Klinge /Ersatz für einen breiten aber schmaleren Schraubenzieher die zentrale Schraube noch etwas nach und löse aus bevor ich die Schraube loslasse; dann hält der Verschluss offen.
Zunächst guckte ich natürlich ebenso auf den Verschlussmechanismus wie das sprichwörtliche Schwein in's Uhrwerk: Aber nach den paar Tagen probieren, beobachten und Nachdenkens bei verschiedenen Getränken und Tabakspfeifen stellte sich sowas wie ein oberflächliches Teilverständnis ein, wenngleich ich den komplexen Zusammenhang der Steuerung des 2. Vorhangs nicht vollends begriffen habe.
Angehängt ist ein Bild mit Nummern und (selbstgewählten) Bezeichnungen; die Feinmechaniker mögen es mir nachsehen.
Beim Zerlegen meinte ich, auf dem oberen Zahnrad unter dem (entfernten) Aufzug eine Positionsmarkierung zu erkennen; es kann sich aber auch um einen zufälligen alten Kratzer gehandelt haben. Ich merkte dann - weil der Arretierhebel (5) das untere Rad nicht mehr zuverlässig sicherte, dass durch Versetzen der Räder gegeneinander die "Weite" oder der Winkel korrigierbar ist.
Da der Pin auf dem oberen Rad (8) ja einen Anschlag hat und dann von Hebel (2) gehalten wird, müssen sich die Aufzugsräder (1) weit genug drehen können, damit auch das untere mit einem unsichtbaren, dazwischen liegenden Nocken zunächst durch Hebel (5) "gefangen" werden kann.
Auf dem 2. Bild abgebildet -bzw. auch auf Video zu sehen- ist das Handaufzugsrad mit seiner darunter liegenden Platte, die mit Nasen in die verschiedenen "Zeiten"- Löcher von Rad (1) greift. Zusätzlich hat diese Platte einen "codierten" Rand, der von dem Bügel oder Steuerungshebel (4) abgetastet wird.
Den Aufzugsweg der Räder (1) beeinflusst das nicht, wohl aber den Moment, an dem der Hebel (4) über das nachfolgende System den 2. Vorhang auslöst und somit die Belichtungszeit steuert.
Leider bleibt es nicht so simpel, weil ja der Verschluss in Z-Position des Zeitenrades offen bleiben soll.
Dazu gibt es -auf dem Bild leider unter dem breiten Auslöser-Hebelwerk versteckt- eine gewiefte Zusatzmechanik, quasi eine "Unterbrechung" oder besser "Umgehung" des Verlaufes der Impulsübertragung von (4) nach (5). Diese wird ebenfalls vom Code des Zeitrades -> über den abtastenden Hebel (4) gesteuert … und zwar eben NUR, wenn "Z" gewählt ist.
Die Übeltäter sind ein kleines, im spitzen Winkel zulaufendes, bewegliches Metallplättchen (siehe später verlinktes Slo-Mo-Video), an dem ein kleiner Stift unter Auslöser (3) mit dreieckigem Querschnitt haarscharf vorbei"kommen" muss, um das erfolgreich in 2 Schritten (eine Auslösung zum öffnen, die 2. zum schließen) zu veranlassen.
Stimmt diese Abstimmung zwischen Hebel (4) und den beiden Winzlingen nicht, d.h. kommt der Stift nicht an der Spitze vorbei, löst er den 2. Vorhang auch sofort mit aus – und beide Vorhänge rauschen hintereinander durch = Verschluss bleibt nicht offen.
Wie man sehen kann ist an dem Hebel (4) dieser Kamera (vermutlich aus den 50ern) schon etwas manipuliert / gelötet worden, zumindest denke ich nicht, dass der original so aussah. Da er sich zwischen den Rädern (1) verhakte, konnte ich nur durch weitergehenden Auftrag von Lötzinn etwas "modellieren", sodass er zumindest die anderen Zeiten ablaufen lässt und sich geschmeidig auf und ab bewegt.
Zum fixen der Z-Stellung fehlen aber wohl noch einige Zehntel …
Hier --> GF-Forum
liegen auf meinem Webspace 2 kleine Videos von einer "normalen" Auslösung und wie / wo die Funktion der Z-Stellung gesteuert wird sowie nochmal das Gesamtbild mit Legende.
Da es Zeitlupenaufnahmen waren, sind die zur Straffung gekürzt und ruckeln evtl. etwas, chronologisch stimmt das aber.
Ok, bis hierher erstmal von meiner Seite und für heute.
Weitere Fragen oder Kritik dann gerne folgend.
Viele Grüße
Joachim