Moin,
ein Thema, das bei Linsen, beim Abblenden und aehnlichem immer wieder auftaucht: die gute alte Beugung. Ich beschaeftige mich sogar beruflich mit dem Thema, und da ich meinem Drang Wissen zu erwerben und zu verbreiten selten widerstehen kann ... dachte ich schreib mal ein paar Sachen zum Thema auf. Also habe ich meinen "freien" Forschungstag mal teilweise dem Verfassen des Texts gewidmet.
Die Einordnung des Themas ist vorerst bei allgemein, obwohl es auch zu Linsen passen wuerde. Es sind uebrigens zwei Teile, weil es im Forum eine Begrenzung auf 10000 Zeichen gibt; dabei wollte ich mich eigentlich kurz fassen.
Das ganze ist als Themenblob gedacht, Uebersichtsartikel oder wie auch immer. Wikipedia-Artikel oder weitere Erklaerungen gibt es anderswo auch -- aber schaden wird's hoffentlich nicht. Auch noch wichtig, Diskussion ist erwuenscht. Aenderungen werden eingepflegt, sofern noetig.
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Also: Beugung (oder auch "Diffraktion") ist ein Phaenomen, dass die Ausbreitung von Wellen beschreibt, nachdem diese auf ein undurchdringliches Hindernis gestossen sind. Eine der Hauptschwierigkeiten beim Nachvollziehen ist, dass es ein Wellenphaenomen ist -- mit "geometrischer Optik" kommt man nicht ans Ziel. Es ist eines der Phaenomene, die der Wellentheorie des Lichts von Christian Hyugens zum Durchbruch verholfen haben. Wellenphaenomene umgeben uns, stellen aber eine Abstraktion dar, die die meisten Personen allerdings nicht als solche erkennen.
Beschraenkt man sich nur auf die Optik, dann braucht man als erstes eine greifbare Beschreibung von Licht. Das Huygenssche Prinzip besagt, dass jeder Punkt auf einer Wellenfront wiederum Ausgangspunkt einer Welle, genauer einer Elementarwelle ist.Hmm, anstatt eine Sache besser zu beschreiben gibt es jetzt zwei neue Begriffe, die sich noch mehr einer anschaulichen Beschreibung entziehen?
[ Tiefere Beschreibung der Wellenoptik ]
Nicht ganz, denn fuer die Optik ist die Elementarwelle einfach eine einzige Kugelwelle -- eine Welle die sich kugelfoermig in alle Richtungen gleichzeit ausbreitet. Hier ist dann endlich der Einschub noetig, was ueberhaupt eine Welle ist: ein Gebilde, dass periodisch in Raum und Zeit ist. In der Optik ist dieses Gebilde das elektrische oder magnetische Feld, der Einfachheit halber benutzt man zur Beschreibung praktisch immer das elektrische Feld. Eine Lichtquelle ist demnach eine Quelle, die periodisch fluktuierende elektrische Felder in alle Richtungen gleichzeitig aussendet. Man kann sich eine Sinusschwingung vorstellen, die zwei verschiedene Anwendungen hat:
- entweder an einem festen Ort die Variation des elektrischen Felds in der Zeit
- der Verlauf des elektrischen Felds im Raum zu einem festen Zeitpunkt
Die raeumliche Periodizitaet ist charakteristisch fuer die Welle -- der raeumliche Abstand zwischen zwei benachbarten Punkten gleicher Phase ist die Wellenlaenge. Ebenso die zeitliche Wiederholrate, der zeitliche Abstand zwischen zwei benachbarten Punkten gleicher Phase heisst Periodendauer, sein Inverses heisst Frequenz. Jetzt laesst sich die Wellenfront verstehen als die gedachte Flaeche aller Punkte gleicher Phase. Die Ausbreitung der Welle geschieht immer in Richtung der Flaechennormalen am jeweiligen Punkt. Fuer eine Elementarwelle ist dies eine Kugelflaeche -- die waehrend der Ausbreitung der Welle immer groesser wird.
[ Ende Exkurs Wellenoptik Einfuehrung ]
Eine haeufig gewaehlte Wellenfront ist die ebene Welle -- eine Welle, die aus dem Unendlichen kommt. In der Vorstellung koennte das immer noch eine Kugelwelle sein, aber durch den unendlich entfernten Ursprungspunkt ist die ankommende Welle vollkommen parallel. In der Wirklichkeit -- oder in Physikpruefungen -- zieht man hier gern das Licht weit entfernter Sterne als Beispiel heran. Die Sterne haben keine messbare Ausdehnung, sind also physikalische Punktquellen. In der angewandten Photographie darf man auch Objekte nehmen, die ganz und gar endliche Entfernungen haben.
Jetzt haben wir also endlich die eingangs erwaehnte Welle, die sich munter im leeren Raum ausbreitet. Aber da ist nun ein Hindernis, was die weitere Ausbreitung stoert. In geometrischer Optik hiesse das nun, dass der Lichtstrahl schmaler wuerde. Aber da es eben doch eine Welle ist, passieren nun scheinbar seltsame Dinge.
Laesst man sich das Huygenssche Prinzip nochmal durch den Kopf gehen, dann war die einlaufende, ebene Welle eine Ueberlagerung von vielen Elementarwellen. Ab dem Hindernis gehen alle Elementarwellen verloren, die am Hindernis haengenbleiben. Ganz am Rand kommt noch eine /einsame/ Elementarwelle weiter, die auf der einen Seite noch alle "Partnerwellen" hat, aber auf der anderen Seite keine Partner mehr.
Jetzt gibt es noch viele weitere Wellenphaenomene, die sich zwanglos aus der mathematischen Beschreibung ergeben, aber aufgrund der Entdeckungsgeschichte eigene Namen haben. Hier gibt es also nur ganz oder garnicht -- einmal in der Wellenwelt angekommen gibt es kein Zurueck mehr. Das wichtige Eigenschaft ist die Interferenz. Die Ueberlagerung von Wellen geschieht immer unter der Beruecksichtigung der Phase. Anschaulich gibt es Punkte in Raum und/oder Zeit, an denen negative und positive Wellen sich ausloeschen koenen, weil sie sich zu Null addieren. An anderen Punkten treffen sich wiederum nur gleichphasige Wellen, so dass sie sich immer positiv addieren. Die Namen sind dann konstruktive, bzw. destruktive Interferenz.
Bitte Geduld, jetzt kommt das letzte Element was zur Beschreibung von Beugung notwendig ist. Nimmt man das Huygenssche Prinzip, dann kann man tatsaechlich die veraenderte Helligkeitsverteilung rechnerisch beschreiben. Die urspruenglich gleichmaessig helle Welle hat nun ein ausgepraegtes Hell-Dunkel Muster. Erstaunlicherweise sogar ein kleines bisschen im /eigentlich/ abgeschatteten Bereich -- Licht kann doch um die Ecke! Der Bereich, in dem dieser Effekt zutage tritt ist allerdings recht klein -- nur im Bereich der Schattenkante. Rechnet man das ganze richtig durch, dann stellt man fest, dass die zwei wesentlichen Groessen die Wellenlaenge des Lichts ist und der Winkel zwischen einfallendem Licht und auslaufendem Licht. Unsere Welt hat nun solche Naturkonstanten, dass der Winkelbereich fuer Licht ziemlich schmal ist -- Bruchteile bis wenige Grad.
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