Kirchenfotografie

  • So,

    nachdem mich Andreas gebeten hat, fange ich mal an. Was ihr hier die kommenden Tage sehen werdet, sind statische, keine künstlerischen Aufnahmen von Kirchenräumen. Das ist eben mein Job.
    Alle Aufnahmen entstanden für Architekten oder für Kirchenführer, die wir seit 1998 im eigenen Verlag produzieren. Da die Aufnahmen von Kirchen schon einmal die Großbildkamera voraussetzt, arbeite ich auch heute noch in den Formaten 9/12 bzw. 4x5" und 13/18cm. In der letzten Zeit aber auch vermehrt mit dem 6x9 Rückteil von Plaubel und dem Rotorrückteil von Horseman mit den Mamiya RB-67 Kassetten. Aber alles hier wurde auf 9/12 aufgenommen.

    Erste Abteilung nun ist das Kloster Bronnbach im Taubertal. Alle Innenaufnahmen: Plaubel Peco Junior 9/12, 75 und 90mm Super Angulone f:5,6, Film immer der Kodak Ektachrome 64T (tungsten, also Kunstlicht), konvertiert auf Tageslicht mit Filter. Belichtungszeiten zwischen 3 und 15 Minuten bei f:45.

    Gruß
    Winfried

  • Eines habe ich noch vergessen:

    Auch im Kloster Bronnbach. Der Kapitelsaal im Kreuzgang.
    Ein Tip: das Kloster lohnt sich, kunsthistorisch sowie fotografisch. Insgesamt habe ich eta 400 Aufnahmen der Anlage. Das kloster besitzt einen der schönster Kreuzgänge überhaupt.
    Der Kapitelsaal übrigens stammt aus dem 14. Jahrhundert.

  • sind statische, keine künstlerischen Aufnahmen von Kirchenräumen. Das ist eben mein Job

    Hallo, Winfried,

    Bild 2 und Bild 3 wirken auf mich unnatürlich schräg; hast Du da vielleicht eine Erklärung für mich?


    Film immer der Kodak Ektachrome 64T (tungsten, also Kunstlicht), konvertiert auf Tageslicht mit Filter.

    Wo lag damals der Vorteil dieser Vorgehensweise?
    Beim 3. Bild pfeift die Farbe an der Decke ganz schön ab, nach meinem Empfinden..

    Beim Letzten mag ich den annähernd natürlichen Lichtabfall.Und natürlich die Architektur.

    Danke,
    Ritchie

    ...

  • Richie,

    Bild 2:Das Gebäude ist fast 1000 Jahr alt. Der Kreuzgang ist um fast einen halben Meter eingesackt und zur Mitte hin sehr schief, er hängt oben 30cm über. Daher kann das Bild (links) nicht gerade sein.
    2+3: das ist eben das Ergebnis, wenn man, wie hier, gezwungen ist, das gesamte Deckenbild mit drauf zu bekommen. Man braucht bei der 9/12 das 75mm und muß bis zum Anschlag verstellen. Was dabei herauskommt, wirkt etwas unnarürlich, ist aber der optischen Physik geschuldet. Ich (für mich und meine Kunden auch) mögen es lieber so als die Kamera nach oben gekippt, daß alles stürtz. Deswegen holt man mich und nicht einen anderen Fotografen.
    Warum ein 64T (tungsten)?
    Ab 2" Belichtungszeit kippt der Kodak 64 Tageslichtfilm. Ab 20 Sekunden hast Du Farbverfälschungen, die Du nicht mehr ausfiltern kannst. Da ich grundsätzlich mit Blenden ab 32 arbeite, komme ich auf minutenlange Belichtungszeiten, im Extremfall waren es sogar mal 3 Stunden. Da nehme ich den 64T und pfriemle ihn mittels Filter um auf Tageslicht. Der 46T hat einen Schwarzschildkomponenten von 1/3 Blende, beginnend bei 2" und er bleibt auch bei 3 Stunden noch bei 1/3 Blende. Daher setze ich bei Innenarchitektur nur diesen Film ein, von dem ich noch gut 100 Rollen 120er habe und etwa 200 Blatt in 9/12. Alle im Tiefkühlschrank und trotz Ablauf 2003 immernoch astrein und farbneutral.
    Zutat: Beim 3. Bild pfeift die Farbe an der Decke ganz schön ab, nach meinem Empfinden..
    Nein, tut es nicht. Die Grundfarbe der Decke war dieses Blau. Die Aufnahme entstand gegen 17:30 Uhr im Sommer, die Sonne stand also schon recht tief. Dort, wo es (hinten) heller wird, kommt durch die leichte Überbelichtung die blaue Farbe nicht mehr rüber, vorne, bei "richtiger" Belichtung, kommt sie.

    Gruß
    Winfried

  • Mir gefallen das 4. und das 5. Bild. Beide zeichnen sich dadurch aus, daß sie die Beleuchtungssituation sehr schön im Griff haben und gleichzeitig die architektonischen Details wirklich gut zeigen, in der Ruhe liegt die Kraft.

    Bei Bild zwei ist mir der Schatten links denn doch zu dunkel und massiv. Nur mir persönlich wäre es lieber, entweder die Kamera noch einen Meter noch vorne zu rücken (was sich perspektivisch ausgehen sollte) oder mit einem Reflektor aufzuhellen.
    Deine Erklärung für "schief" vor allem beim Deckengemälde ist einleuchtend und nachvollziehbar. Nichts desto trotz einfach nicht mein Fall. Da lege ich mich lieber auf den Boden, mache mehrere Aufnahmen genau senkrecht und stitche die zu einem Panorama.

    Die Farben gefallen mir durch die Bank gut.

    LG Ralph

  • Moin, Winfried,

    Bild 2, ja, das dachte ich mir schon, allerdings wird der Eindruck des schrägen Gebäudes m.E. durch den ungünstigen - schrägen - und angedeuteten Durchblick zusätlich unterstützt.

    Bild 3, Innenarchitektur, da habe ich keine Erfahrungen und kann daher nur nach meinem visuellen Eidruck urteilen.
    Auf mich wirkt das ganze Bild in sich unnatürlich verzerrt; zur perspektivischen Verzerrung der Decke nach vorne hin kommt da noch die schräg laufende Decke.
    Weitwinkel ist klar, Betonung des Vordergrundes (ggf. noch durch Verstellung unterstützt?); aber hätte man nicht grundsätzlich einen günstigeren Aufnahmestandpunkt wählen können?
    Ich hab so ein, lass mich sagen verzogenes, Innenbild noch nie gesehen und bin etwas verwundert.


    Dort, wo es (hinten) heller wird, kommt durch die leichte Überbelichtung die blaue Farbe nicht mehr rüber, vorne, bei "richtiger" Belichtung, kommt sie.

    Ja eben, das meinte ich ja. Pfeift ab, die Farbe.
    Die pastelligen Deckenfarben reichen an meinem Monitor von blau bis rose.
    Lässts ich das nicht beleuchtungstechnisch ausgleichen, die Fenster mit korrigierender Folie verhängen, usw?
    Wie reagiert denn da ein Tageslichtfilm, ähnlich sensibel?

    VG,
    Ritchie

    ...

  • Hallo Ralph,

    natürlich habe ich das Deckengemälde auch komplett von unten. Das ist wenig problematisch, das 90mm hatte genügt und axial hat man keine Verzerrungen. Es ging hier um den Raumeindruck allgemein und ich hasse als Architekturfotograf nicht mehr als stürzende Linien.

    Zum zu dunklen Schatten bei der Brunnenanlage:
    Dabei muß man bedenken, daß dies ein Auftrag war, der sehr umfassend war und nicht nur die Fotografie, sondern auch das Setzen der Texte, Einfügen der Bilder und den Druck beinhaltete. Von daher gesehen muß man bei den Aufnahmen (von denen 25% ins Heft kommen, da man den Text noch nicht kennt und eben umfassend aufnehmen muß) Kompromisse machen. Mehr als 3 Aufnahmetage waren nicht eingeplant und damit muß ich zurecht kommen. Da scheidet eine Beleuchtung oder auch nur eine Aufhellung aus, das kostet entweder Zeit oder einen Assi. Und beides hatte ich nicht. Bei Einzelaufnahmen sieht die Sache schon anders aus, da sind aber auch die Preise andere.

    Gruß
    Winfried

  • Richie,

    zu Deinem Schluß: hier denke ich, war es der Ektachrome 64 und nicht der 64T, denn der Raum ist sehr hell. Fenster filtern durch Verhängen? Porta hat etwa 3 Meter auf 2 Meter, Supraporta rund ca. 80cm Durchmesser. Und das sind viele. Filter davor? Na, dann rechne mal mit 60.000 Euro für die Filter....
    Daß hier Farben unnatürlich abdriften, glaube ich nicht. Man muß schon vor Ort gewesen sein, um das zu beurteilen. Das sind alte, sehr diffizile Farben, keine Anilinfarben. Ergo dürften sie auch nicht abdriften.
    Bedenken muß man auch, daß außen 1. die Sonne scheint, tiefstehend, daß darüber 2. blauer Himmel ist und 3. auch noch grüne Bäume vor dem Gebäude stehen.
    Dies alles beeinflußt logischerweise die Farbe und wird als normal oder natürlich empfunden.

    Gruß
    Winfried

  • Daß hier Farben unnatürlich abdriften, glaube ich nicht. Man muß schon vor Ort gewesen sein

    Ja, verstehe.
    Ich kenne die Originalfarben natürlich nicht, aber es ging mir ja auch nur um den Farbverlauf an der Decke.
    Also ein kniffliger Fall, und schwer zu lösen.
    Andere Uhrzeit, anderer Sonnenstand, hätte das was gebracht?

    VG,
    Ritchie

    ...

  • Hallo Richie,

    ich war mehrer male dort, auch für mehrere Tage. Liegt ja bei uns in der Nähe, da kann ich sogar mit dem Rad hin. Jede andere Zeit hat wieder ihre eigene Beleuchtung und ihre eigene Farbigkeit. Natürlich ist es mir überlassen, die (für mein Empfinden) richtige Zeit für die Aufnahme auszuwählen. Ein anderer hätte vielleicht einen regnerischen, trüben Tag gewählt und dabei etwas wärmer gefiltert. Habe ich halt nicht, wäre aber interessant, was dabei herausgekommen wäre. Sollte ich zum Vergleich vielleicht sogar mal machen, würde mich auch interessieren...

    Winfried

  • Sollte ich zum Vergleich vielleicht sogar mal machen, würde mich auch interessieren...

    Da würde ich mich dann ausgiebig in dem Kreuzgang (Bild 5) austoben, da steckt noch jede Menge fotografisches Potential drin - das sieht wirklich Klasse aus, ist voll mein Ding.
    Schwarzweiss, zarte Töne, ja ich werde etwas neidisch, sowas haben wir hier leider nicht in der Nähe, und mit GF und Stativ ist man auch nicht immer gern gesehen....

    VG,
    Ritchie

    ...

  • Richie,

    wenn ich nur die Aufnahmen aus dem Kreuzgang, die ich gamacht habe, hier zeigen würde, dann würde man mich rauswerfen....
    Und ich glaube, da fehlt hie und da immernoch ein (lohnendes) Detail. Da kannst Du fast jeden Stein fotografieren. Es gibt neben dem Kapitelsaal auch noch mehrere andere, auch sehr lohnend. Und und und....

    Winfried

  • Zum Bild 1: ich hätte die komischen Stehtische und den Kleiderständer weggestellt, das stört mich

    Bild 2: das kommt wirklich etwas schräg daher, hätte ich anders gemacht, anderen Ausschnitt, o.ä.. Außerdem das schwarze Zeugs rechts stört! Entweder mehr davon oder gar nicht.

    Bild 3: da kommt evtl. auch die Randabschattung vom Objektiv mit rein, selbst mit Centerfilter hab ich schon Bilder gehabt, wo es am Rand bläulicher wurde. Evtl. digital nachhelfen?

    Bild 4: ist mir zu gelb im Durchblick, hier auch digital filtern?

    Bild5: mir gefällt es immer nicht, wenn Fenster angeschnitten sind, locken den Blick immer raus. Ich hätte hier das Fenster oder Tür ganz mit drauf genommen. Und den Fuss der Säule im Vordergrund hätet ich auch gerne gesehen.

    Und prinzipiell: Du schreibst, Du hättest zum Aufhellen keine Zeit, belichtest aber 3 Stunden? Was fotografierst denn dann 3 Stunden lang? Ich hatte noch kein Motiv, bei dem ich 3 Stunden belichtet hätte. Aber ein Aufheller hin, das hätte nicht so lange gedauert und hätte es wirklich gebracht.

    Vielleicht muss es auch nicht immer Blende 45 sein? Bei den hier gezeigten Fotos wäre eine offenere Blende auch ok gewesen.

    Ich habe zu meinen Filmzeiten immer mit Tageslichtfilm gearbeitet und hatte auch bei längeren Belichtungszeiten nie Probleme. Ich sehe eher, dass ich bei Tageslichtbedingungen und Kunstlichtfilm immer heftig filtern müsste und da hätte ich wegen der optischen Qualität der Filter so meine Bedenken. Und wegen der Streulichtanfälligkeit.

    Liebe Grüße,

    Gerhard

  • Tja Gerhard,

    wenn ich Deine Kommentare zu meinen Bildern so lese, muß ich feststellen, daß ich es einfach nicht kann.
    Nicht jeder ist Carles Wilp. Vielleicht (und offensichtlich) bist Du es? Scheint so. Deinen Kommentaren nach zu schließen, kennst Du Dich ja bestens aus, speziell was die Sache mit Kunstlichtfilmen anbelangt. Ich habe schon oft über mehrere Stunden belichtet, kommt eben auf die Gegebenheiten an und was man erreichen möchte. Zumindest habe ich bi jetzt sehr gut davon gelebt und meine Kunden im In- und Ausland schätzen meine Aufnahmen mehr als meine Mitbewerber. - Ist eigentlich logisch.....

    Klar, es ist relativ einfach, Bilder nur zu bekriteln. Machs einfach mal besser, da wäre ich gespannt.

  • Hallo,

    ich wollte Dich nicht persönlich angreifen, ich hab nur meine Meinung zu den Bilder gesagt. Keiner hier ist ein Starfotograf, nehme ich an. Aber deshalb ist doch Kritik erlaubt, noch dazu wenn ich ganz klar begründe, was mir gefällt und was ich anders machen würde. Ich sag ja nicht einfach, dass deine Bilder schlecht sind und damit basta.

    Das mit den Kunstlichtfilmen war ja nicht meine Hauptkritik, mich hat es halt gewundert, weil ich halt zu Filmzeiten anders gearbeitet habe.

    Meine anderen Kritikpunkte waren halt meine Vorschläge, wie ich es machen würde. D.h. noch lange nicht, dass ich es besser kann oder dass Du es nicht kannst. Ich lebe auch von meinen Architekturfotos, allerdings hab ich keine Lust jetzt hier im Forum eine "wer kann es besser Diskussion" zu beginnen oder der Frage nachzugehen, wer denn jetzt der bessere Fotograf ist. Du kannst Dir meine Internetseite gerne anschauen, wenn Du magst, aber wie gesagt, ich hab keine Lust auf die Diskussion, wer jetzt der bessere ist.

    Liebe Grüße,

    Gerhard

  • Ich bin auch ein Verfechter von Kunstlichtfilm gewesen, aber vor allem bei Mischlicht und somitt viel Kunstlicht Anteil, dank Bruce Barnbaum weiss ich nun auch das er ca. 1-2 Blenden mehr Kontrast verträgt gegenüber einem Tageslicht Dia Film, Bruce schwört auch darauf und braucht ihn gefiltert auch bei Tageslicht!
    Und ja ich habe auch noch mindestens 2 Schachteln davon im Gefrierschrank und paar Rollfilme und 35mm!

    Die Bilder gefallen mir sehr gut wobei ich sie jetzt nur mit dem kleinen Monitor anschaue einzig das schräge Deckenbild, damit habe ich mühe! Wobei ich die Vorort Situation nicht kenne, ich hätte es falls möglich schräger genommen oder Central perspektivisch im worst case sogar mit dem 47mm XL von Schneider, welches mir schon paarmal den A..... gerettet hat!

    LG Armin

    " You push the button and we do the rest."
    Kodak Werbespruch!
    Today
    "You push the button and the pixels do the rest"

  • .. mir gefällt das licht bei 1, 4, 5 innenaufnahmen sehr gut -
    und damit natürlich auch die schönen, sanften farben ..

    offensichtlich mögen die kollegen die zentralperspektive, geometrisch perfekt!
    ich komme aber auch gut mit anderen ansicht zurecht!

    sehr schöne arbeiten winfried!

    "phantasie ist etwas, was sich manche leute nicht vorstellen können!"

  • Zu meinen Schrägansichten:

    Da wurde ich von Pfarrern auch schon mal gefragt, ob das Ausschußaufnahmen wären....
    ABER: fotografiere ich eine Kirche axial von hinten nach vorne, besteht das Bild zu 90% aus Bänken und Fußboden und die Architektur geht mir dabei verloren. Schräg habe ich weniger Boden, sehe die Architektur des Raumes und habe auch noch die Kanzel voll mit drauf, die sonst nur klein und am Rand des Bildes zu sehen wäre.
    Ich mache (nicht nur in Kirchen) fast ausnahmslos Schrägansichten. Aber wie gesagt: fast nur... Axiale sind auch mal dabei, denn das Motiv das erfordert.

    Gruß
    Winfried

  • Ich mag die Längsansichten, die Reihung von Säulen, die teilweise Symmetrie, das ist für mich die "Basisansicht" einer Kirche.

    https://www.flickr.com/photos/diet_sc…eposted-public/

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    Aber mit Schrägansichten ergibt sich eine interessante Räumlichkeit, die bei der Längsansicht nicht gesehen werden kann. Insofern sind die Schrägansichten teilweise viel spannender.

    https://www.flickr.com/photos/diet_sc…eposted-public/

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